Freitag, 13. Juni 2008
Vom Bauern zum Cowboy
Wir haben den Norden Mexikos erkundet: zu Pferd und im Zug! Haben spontan eine Woche Urlaub genommen und sind nach Chihuahua geflogen. Chihuahua liegt ungefähr 200 km südlich der mexikanisch-amerikanischen Grenze und ist nicht nur für die gleichnamigen Hunde bekannt, sondern vor allem auch ein Paradies für Kaufinteressenten von Cowboy-Stiefeln und Hüten. Und (der Grund warum wir dorthin wollten) Chihuahua liegt auf der Zugstrecke, die den Norden Mexikos mit der Pazifikküste verbindet und durch eine atemberaubende Canyon-Landschaft führt. Man fährt durch ein System von mehr als 20 Canyons, die zusammen etwa viermal so groß bzw. lang sein sollen, wie der berühmte Grand Canyon in Arizona, USA.

Zu der Zugreise aber später mehr, denn zuerst haben wir einen Überlandbus genommen und sind 5 Stunden durch Weide- und Steppenlandschaften gefahren, um das Örtchen Creel zu erreichen, das auch auf der Zugstrecke liegt und berühmt für seine Felsformationen ist. Am Bahnhof empfing uns Norberto, ein Mexikaner, der in Creel seine Ranch „El Aventurero“ betreibt. Wir wollten dort einen Ausritt durch die Tarahumara-Ebene machen. Die Tarahumara sind eine Volksgruppe, die in den Bergregionen der Sierra Madre Occidental leben, welche auch die Canyons mit einschließt.

Für Helme sollte es das erste Mal auf einem Pferderücken werden. Norberto hatte uns angeboten, in einer Hütte auf der Pferdeweide zu übernachten. Die Hütte entpuppte sich als voll ausgestattetes Blockhaus, mit allem was das Herz begehrt, inklusive netten Anekdoten, wie Hüten und Bildern, aus dem Leben eines Cowboys. Hier das „Wohnzimmer“:


Und wir mussten tatsächlich über die Pferdeweide, um dorthin zu gelangen, voll cool! Schön rustikal eingerichtet und mit riesiger Veranda, auf die abends die Sonne schien. Am ersten Abend hat Helme dann noch ein bisschen Reitunterricht bekommen. Norberto zeigte ihm, wie man sein Pferd überredet, dorthin zu gehen, wo man gerne möchte, oder anzuhalten, oder zu galoppieren. Helme ist tatsächlich galoppiert am ersten Tag, unglaublich! Dafür brauchte ich seiner Zeit mindestens 10 Reitstunden... grrrr!

Um so richtig Wild West Feeling aufkommen zu lassen, holte Norberto anschließend noch ein Lasso hervor und zeigte uns, wie man damit umgeht. Sah ganz einfach aus. Zu meinem Erstaunen war es auch tatsächlich gar nicht so schwer! Man muss nur der Schlaufe mit dem Handgelenk überm Kopf ordentlich Schwung geben und dann noch ein bisschen zielen. Habe einige Male getroffen, aber mir tat auch ziemlich schnell der Oberarm weh...
Hier übt Helme am hölzernen Bullen:


Am nächsten Tag ging’s dann früh los auf unseren 5-stündigen Ausritt, zusammen mit den Holländern Helena und Alexander und unserem Führer Omar. Mein Pferd hieß „Pelusa“ und war genau, wie ich es mir gewünscht hatte. Schon auf der Weide hatte ich sie mir "ausgeguckt". Pelusa war sehr eigenständig und kannte sich bestens aus. Ich musste mich quasi um nix kümmern und konnte ganz ungestört Fotos und Videos schießen und die Landschaft genießen.


Zuerst ging es steil einen Hang hoch, damit wir das Dorf verlassen und in die umliegenden Wälder gelangen konnten. Das war schon mal die erste Bewährungsprobe für Helme. Aber auch sein Pferd Mac war ein alter Hase – trittsicher und verlässlich, Helme hatte nix zu befürchten. Außerdem hatte ihm auch Norberto vorher noch erklärt: bergauf nach vorne lehnen, bergab nach hinten, um dem Pferd bei der Gleichgewichtsfindung zu helfen.

Oben angekommen, ging es dann eine ganze Weile durch eine Wald-Steppen-Landschaft mit Sträuchern, Kiefern, irren Felsformationen, die an Pilze, Frösche, und Enten erinnerten, und fantastischem Ausblick.
Old Sitzfleisch und Mac:


Im Frog Valley (Frosch-Tal):


Hier in der Ebene (ca. 2400m üNN) leben viele Tarahumara ständig. Sie wohnen in Blockhütten, halten Ziegen, Schafe und Hühner (und Pferde zum Transport), und die Frauen tragen sehr üppige und total farbenfrohe Kleider oder Rock-Bluse-Kreationen. Und zwar nicht nur als Touristenattraktion!


Ich habe mich tatsächlich kein Stück als Tourist gefühlt. Wir sind halt einfach durch die Gegend geritten als wäre es in der Nachbarschaft. Haben freundlich gegrüßt und die schöne Landschaft und die bunten Menschen bewundert.


Ich will euch jetzt auch gar nicht soviel davon vorschwärmen, vielleicht muss man auch ein bisschen Pferdeliebhaber sein, um das nachvollziehen zu können. Einfach noch ein paar Bilder, um einen Eindruck von der vielfältigen Landschaft zu bekommen:







Nach etwa 3 Stunden kamen wir zum Mönchstal.


Dort sind wir wiederum einige recht steile Hänge hochgekraxelt (also nicht wir, sondern unsere Pferdchen), um dann oben angekommen 10 min Pause zu machen und den Blick über eine riesige Weite schweben zu lassen:


Hier sind wir schon wieder auf dem Rückweg, der noch über eine Stunde dauern sollte (und Knie und Hintern machten sich schon bemerkbar)...


Schließlich mussten wir den Berg, den wir anfangs hinterm Hof erklommen hatten, natürlich auch noch wieder runter...


Ich weiss nicht, ob man auf diesem Foto erkennen kann, wie steil das wirklich war, aber es war ziemlich steil, und hinzu kam auch noch, dass der Boden sehr unregelmäßig, mal Schotter, mal Fels, mal nicht erkennbar, war. Also ein wirkliches Abenteuer! Mir hat’s mega Spass gemacht, in meinem nächsten Leben werd ich doch Cowboy!

... comment