Dienstag, 4. Dezember 2007
"Vamos, vamos Americas ..."
vessip, 00:14h
Kann sich jemand noch an das WM-Finale in Mexico 1986 erinnern? Also ich nicht, bei mir fing das Interesse erst mit der WM 1990 an, aber jedenfalls war ich Freitag im Estadio Aztecas, dem WM-Stadion von 1986! Zu sehen gab es das erste Hinspiel des Finales des Copa Sudamericana und es standen sich „Americas“ (Mexico) und „Arsenal“ (Argentinien) gegenüber. Wir sind mit 16 Leuten vom CIMMYT hingefahren und saßen im argentinischen Block (weil die Karten billiger waren). Es waren aber auch gar nicht viele argentinische Fans da, zumindest hat man keine gesehen. Das mag aber auch daran liegen, dass die ersten 50.000 Zuschauer ein gelb-blaues T-Shirt mit Finalaufdruck geschenkt bekommen haben (die „Americas“-Farben sind gelb-blau) und somit eh jeder nach „Americas“-Fan aussah. Dass wir im argentinischen Block saßen, wurde erst deutlich, als sich die „Arsenal“-Spieler nach der Begegnung zum Bedanken bei ihren Fans vor unsere Kurve stellten und prompt von den Fans in gelb-blau (die eben in unserem eigentlich argentischen Block immer noch deutlich in der Überzahl waren) mit Bierbechern beworfen wurden. Warum das? „Americas“ (Mexico) hat 2:3 verloren. Wegen Mega-Stau und zwei weiteren verzögernden Vorfällen konnten wir leider nur die 2. Hälfte live mitverfolgen, aber jetzt mal von vorne.
Schon in meiner ersten Woche hier kam die Idee auf, mit ein paar Leuten zu diesem Endspiel des Südamerika-Cups zu fahren. So nach und nach haben sich immer mehr Leute vom CIMMYT dafür begeistern können, so dass wir am Ende 4 Autos voll hatten. Wir wollten um 16:30 Uhr vom CIMMYT losfahren, denn das Spiel sollte um viertel nach sieben beginnen und man braucht etwa 2 Stunden. Und je später man losfährt, desto größer wird die Staugefahr in und um D.F.!
Mir ging es Freitag ziemlich beschissen. Hatte mir ne mega Erkältung aufgesackt, meine Nase hat mich kaum schlafen lassen von Donnerstag auf Freitag und ich lief Gefahr, nicht mehr genügend Taschentücher zu haben. Mit einer Küchentuch- und einer Klopapierrolle bewaffnet bin ich dann jedoch tapfer zum Treffpunkt gegangen, ich war schließlich einer der Mitinitiatoren dieses „Ausflugs“ gewesen und wollte mir ein solches Spiel in diesem Riesenstadion auf keinen Fall entgehen lassen, Erkältung hin oder her. Ich hatte gehört, dass das Estadio Azteca 130.000 Zuschauer fasst!!! Das scheinen aber Gerüchte zu sein, vertrauliche Quellen haben verlauten lassen, dass etwa 100.000 Leute rein passen, was mir immer noch unglaublich riesig erschien.
Bis endlich alle Leute eingetrudelt waren, schlug die Uhr schon fünf, was im Nachhinein gesehen unser Verderben war. Vieeel zu spät, wir sind also voll in die Rushour gekommen. Die vier Autos hatten sich logischerweise zwischenzeitlich getrennt (Kolonne wäre undenkbar gewesen) und wir wollten uns spätestens auf den Plätzen im Stadion treffen, pünktlich zur Nationalhymne... daraus wurde leider nix, jedenfalls nix mit pünktlich und alle getroffen haben wir auch nicht. Um etwa viertel vor sieben hat sich mein Auto entschlossen, auf die Metro umzusteigen. Wir waren schon bestimmt eine 3/4 Stunde im Stop & Go neben der Metro hergefahren, die auch zum Stadion führt. Also Auto in Seitenstrasse geparkt und los. Am Bahnsteig angekommen, fuhren dann erstmal 3 Metros an uns vorbei ohne anzuhalten. Eine Mexicanerin sagte uns, dass die Metro schon eine Station vorher „voll“ gemacht wird und dann bis zum Stadion nicht mehr hält! Nicht dass ihr denkt, ich spräche schon so gut Spanisch, dass ich eine solche Konversation hätte führen können, aber unser Auto bestand aus Christopf (Schweizer), Eblin (Mexicaner) und Brian und Allison (beide aus Canada), die alle super spanisch sprechen, ich war bestens aufgehoben.
Also sind wir in die andere Richtung eingestiegen, um an diese eine Station vorher zu kommen. Alptraum! Ich hab schon lange nicht mehr so viele Menschen auf eine Bahn warten sehen. Hinten anstellen und nach vorne drücken war angesagt. Natürlich hatten wir auch keine Bahntickets (hier läuft das so wie in bspw. Frankreich, dass man durch eine Schranke muss zum Bahnsteig), und es war auch nirgends ein Automat zu sehen. Polizisten in schusssicheren Westen haben versuch, Ordnung in das Chaos zu bringen. Es war sehr, sehr eng. Irgendwann riefen die Polizisten „Dos Pesos, dos Pesos!“, man konnte also durch diese Schranken durch, wenn man 2 Pesos gab, und das Gedränge wurde noch schlimmer. Irgendwie sind wir durch diese Schranken gekommen und dann hatte die Polizei das auch besser im Griff, wir passten in die drittnächste Bahn noch mit rein.
Wie erwartet war es wieder sehr eng. Wir hatten alle fünf mega hunger (es war ja geplant gewesen, dass wir so früh am Stadion sind, das wir noch schon hätten Taccos essen können...) und dann die dicke Luft und die Enge ... plötzlich hab ich nur noch schwarz gesehen. Als ich wieder zu mir kam, saß ich auf einem Bahnsteig, vier besorgte Gesichter um mich rum. Brian war so freundlich gewesen, mich aus der Metro zu schleppen. Mal kurz was trinken, dann ging es schon wieder besser. Brian hatte vorgeschlagen, nach diesem (klitzekleinen) Vorfall einfach in eine Kneipe zu gehen, was Ordentliches zu essen (wie gesagt, nicht nur mir machten die fehlenden Kohlenhydrate zu schaffen) und das Spiel einfach vorm Fernsehen zu verfolgen. Ich war natürlich strikt dagegen! Vorm Fernseher hätte ich auch gemütlich bei Susanne und Eblin sitzen können, jetzt war ich schon so weit, jetzt wollte ich ins Stadion! Noch ein paar Schlücke Wasser von Allison, dann konnte ich stehen und hab die anderen überredet, weiterzufahren... es waren schließlich nur noch vier Stationen! Das wird ja wohl zu schaffen sein.
Die nächste Bahn, die anhielt, hatte auf vier Eingänge verteilt fast alle Leute der restlichen 3 Autos aufgenommen, also haben wir uns da noch mit reingequetscht. Und es ging auch erstmal ganz gut, klar wieder eng und stickig, doch ich war frohen Mutes. Wie lang können bitte vier Stationen dauern?!? Ich erinnere mich, dass Eblin irgendwann meinte, noch 200m, noch 200m. Mir wurde schon wieder komisch, Brian sagte „Sientate!“ (=Setz sich!) und ich hab ihm noch in Spanisch geantwortet „Dondé?“ (eine, wie ich finde, beachtliche Leistung, in dieser kurz-vor-wegkippen-Phase noch in dieser mir so neuen Sprache zu antworten!). Naja, es half alles nix, ich konnte den rettenden Bahnsteig wieder nicht auf eigenen Füßen betreten, hatte sehr merkwürdige Gedanken/Träume und es kann mir ewig vor, bis ich wieder zu mir kam, nur noch einen Schuh anhatte (ich kann mich an nix erinnern!) und diesmal die Insassen aller vier Autos um mich versammelt sah... Puh, anstrengend. Brian war mein Held des Abends! Irgendjemand hatte noch Wasser, ein anderer einen Bonbon (Zucker!!!), ich wollte ins Stadion, also weiter!
Es waren noch etwa 10 Fußminuten, bis wir endlich an unseren Plätzen waren. Zwischenzeitlich hatte ich mir bei einem Straßenhändler zwei Snickers und eine Cola gekauft (mehr Zucker, lechz) und im Eilverfahren runtergeschluckt (Getränke durften natürlich nicht mit ins Stadion...argh), die Karten- und Abtastkontrolle durchlaufen und war um die Hälfte des (von aussen sehr hässlichen) Azteken-Stadions herumgelaufen, immer zwei Leute an meiner Seite für den Fall der Fälle, aber es ging mir wieder gut, das Ziel vor Augen, Adrenalinspiegel hoch genug, um auch die letzten Meter noch zu schaffen. Das Stadion ist ein hässlicher Betonriese, der aussieht wie eine von diesen Kugelbahnen, die man als Kind hatte. Oben lässt man eine Kugel auf eine Bahn fallen, die Kugel rollt schräg nach unten, fällt am Ende durch ein Loch auf die nächsttiefere Bahn, usw. ... diese Bahnen waren die Wege, über die wir ins Stadion auf die allerobersten Plätze kamen (wahrscheinlich im Hinblick auf Panik und Fluchtwege gar nicht so ungeschickt, in einem 100.000 Leute fassenden Stadion nicht Treppen zu verwenden, sondern einfach schräge Bahnen...). Wir haben sogar alle noch ein gelb-blaues „Americas“-T-Shirt abbekommen, obwohl wir definitiv nicht zu den ersten 50.000 Zuschauern gehört haben können. Allerdings kamen mit und nach uns auch immer noch Leute, ich könnt mir vorstellen, dass viele das Spiel einfach ganz verpasst haben.
Wir kamen gerade rechtzeitig, um das Maskottchen der „Americas“, einen (lebenden, echten!) Adler mit etwas Gelbem im Schnabel, ins Stadion segeln sehen konnten. Es war Halbzeit, die Menge grölte, wir hatten schon 2 Tore verpasset, es stand 1:1. Endlich auf irgendwelchen Plätzen im allerobersten Teil des Stadions angekommen (es waren noch etwa 20 Stufen bis es nicht mehr weiter ging!), hat Julian für alle Pizzen besorgt, endlich essen, dass Spiel (naja, die zweite Halbzeit) konnte beginnen!
Die Atmosphäre im Stadion war cool. Es konnte einem fast ein bisschen schwindelig werden, so weit oben und so viele Leute und ein so riesiges Stadion (aber keine Bange, ich hatte ja jetzt Snickers und Pizza gegessen!). Dank der gratis T-shirts sah man nur gelb. Die Welle ging mehrmals rum und gar nicht lange nach Wiederanpfiff schossen wir („Americas“) das 2:1!!! Grandios! Dummerweise schoß „Arsenal“ im direkt darauf folgenden Angriff wiederum den Ausgleich, keine Minute war vergangen! Hm, blöd. Und noch blöder war, dass die Argentinier eben auch noch das 3:2 schossen und „Americas“ nicht mehr nachlegen konnte. Jetzt müssen sie also nächste Woche beim Rückspiel in Argentinien ordentlich was zeigen. Ich muss gestehen, dass mich die Atmosphäre im Stadion und die Erlebnisse von der Hinfahrt fast mehr beschäftigt haben, als das Spiel selbst. Und außerdem war das Spiel ja auch sehr schnell wieder vorbei (eben nur eine Halbzeit). Aber ich bin froh, dass wir da waren, und vor allem, dass die anderen auf mich gehört haben und ich nicht den Abend in einer langweiligen Kneipe verbringen musste...hihihi.
Wir sind noch sehr lange nach Abpfiff im Stadion geblieben, einerseits um quasi die verpasste Halbzeit nachzuholen, andererseits aber auch, um dem Gedränge an Ausgängen und Metro zu entkommen. Doch selbst nach einer gefühlten Stunde war die Metro-Station noch total übervölkert, so dass wir beschlossen, den langen Rückweg zu den Autos zu Fuß anzutreten. Jetzt zahlte es sich natürlich wieder aus, den Wagen möglichst dicht am Stadion geparkt zu haben, aber wenn man sich in dem Fall bei der Herfahrt dann in eine völlig überfüllte Metro quetschen musste. Eines unserer Autos hatte sich schon sehr früh zu dem Wechsel in die Metro entschieden und zwei von den Mitfahrer schafften es somit schon zu Spielbeginn im Stadion zu sein! Neid... Naja dafür mussten die jetzt aber auch weiter zum Auto zurücklaufen... allerdings kam auch von uns Spätentschlossenen keiner unter einer Stunde Fußmarsch davon. Aber die mehr oder weniger frische Luft tat gut, meine Küchentücher reichten auch bis zum Auto (wo für die Rückfahrt schon die Klopapierrolle auf mich wartete) und wir konnten ohne den geringsten Stau gen Heimat brausen.
Aufregender Abend, in vielerlei Hinsicht. Und die Moral von der Geschicht: Essen und Trinken mitnehmen und mindestens 5 Stunden vorher losfahren für das nächste Spiel im Estadio Azteca!

Gerade auf unseren Plätzen angekommen, man sieht mir die Blässe noch an:

Links von uns tobt die Menge in gelb:

Mit „Americas“-T-Shirt in Pose (obwohl „wir“ verloren haben...schnief):

Und nur 20 Treppen hinter uns: ganz oben mit Blick über die lichterlohe Stadt!

Die „Hooligans“ wurden bis zu letzt festgehalten und dann unter Polizeischutz hinausgeleitet:

Schon in meiner ersten Woche hier kam die Idee auf, mit ein paar Leuten zu diesem Endspiel des Südamerika-Cups zu fahren. So nach und nach haben sich immer mehr Leute vom CIMMYT dafür begeistern können, so dass wir am Ende 4 Autos voll hatten. Wir wollten um 16:30 Uhr vom CIMMYT losfahren, denn das Spiel sollte um viertel nach sieben beginnen und man braucht etwa 2 Stunden. Und je später man losfährt, desto größer wird die Staugefahr in und um D.F.!
Mir ging es Freitag ziemlich beschissen. Hatte mir ne mega Erkältung aufgesackt, meine Nase hat mich kaum schlafen lassen von Donnerstag auf Freitag und ich lief Gefahr, nicht mehr genügend Taschentücher zu haben. Mit einer Küchentuch- und einer Klopapierrolle bewaffnet bin ich dann jedoch tapfer zum Treffpunkt gegangen, ich war schließlich einer der Mitinitiatoren dieses „Ausflugs“ gewesen und wollte mir ein solches Spiel in diesem Riesenstadion auf keinen Fall entgehen lassen, Erkältung hin oder her. Ich hatte gehört, dass das Estadio Azteca 130.000 Zuschauer fasst!!! Das scheinen aber Gerüchte zu sein, vertrauliche Quellen haben verlauten lassen, dass etwa 100.000 Leute rein passen, was mir immer noch unglaublich riesig erschien.
Bis endlich alle Leute eingetrudelt waren, schlug die Uhr schon fünf, was im Nachhinein gesehen unser Verderben war. Vieeel zu spät, wir sind also voll in die Rushour gekommen. Die vier Autos hatten sich logischerweise zwischenzeitlich getrennt (Kolonne wäre undenkbar gewesen) und wir wollten uns spätestens auf den Plätzen im Stadion treffen, pünktlich zur Nationalhymne... daraus wurde leider nix, jedenfalls nix mit pünktlich und alle getroffen haben wir auch nicht. Um etwa viertel vor sieben hat sich mein Auto entschlossen, auf die Metro umzusteigen. Wir waren schon bestimmt eine 3/4 Stunde im Stop & Go neben der Metro hergefahren, die auch zum Stadion führt. Also Auto in Seitenstrasse geparkt und los. Am Bahnsteig angekommen, fuhren dann erstmal 3 Metros an uns vorbei ohne anzuhalten. Eine Mexicanerin sagte uns, dass die Metro schon eine Station vorher „voll“ gemacht wird und dann bis zum Stadion nicht mehr hält! Nicht dass ihr denkt, ich spräche schon so gut Spanisch, dass ich eine solche Konversation hätte führen können, aber unser Auto bestand aus Christopf (Schweizer), Eblin (Mexicaner) und Brian und Allison (beide aus Canada), die alle super spanisch sprechen, ich war bestens aufgehoben.
Also sind wir in die andere Richtung eingestiegen, um an diese eine Station vorher zu kommen. Alptraum! Ich hab schon lange nicht mehr so viele Menschen auf eine Bahn warten sehen. Hinten anstellen und nach vorne drücken war angesagt. Natürlich hatten wir auch keine Bahntickets (hier läuft das so wie in bspw. Frankreich, dass man durch eine Schranke muss zum Bahnsteig), und es war auch nirgends ein Automat zu sehen. Polizisten in schusssicheren Westen haben versuch, Ordnung in das Chaos zu bringen. Es war sehr, sehr eng. Irgendwann riefen die Polizisten „Dos Pesos, dos Pesos!“, man konnte also durch diese Schranken durch, wenn man 2 Pesos gab, und das Gedränge wurde noch schlimmer. Irgendwie sind wir durch diese Schranken gekommen und dann hatte die Polizei das auch besser im Griff, wir passten in die drittnächste Bahn noch mit rein.
Wie erwartet war es wieder sehr eng. Wir hatten alle fünf mega hunger (es war ja geplant gewesen, dass wir so früh am Stadion sind, das wir noch schon hätten Taccos essen können...) und dann die dicke Luft und die Enge ... plötzlich hab ich nur noch schwarz gesehen. Als ich wieder zu mir kam, saß ich auf einem Bahnsteig, vier besorgte Gesichter um mich rum. Brian war so freundlich gewesen, mich aus der Metro zu schleppen. Mal kurz was trinken, dann ging es schon wieder besser. Brian hatte vorgeschlagen, nach diesem (klitzekleinen) Vorfall einfach in eine Kneipe zu gehen, was Ordentliches zu essen (wie gesagt, nicht nur mir machten die fehlenden Kohlenhydrate zu schaffen) und das Spiel einfach vorm Fernsehen zu verfolgen. Ich war natürlich strikt dagegen! Vorm Fernseher hätte ich auch gemütlich bei Susanne und Eblin sitzen können, jetzt war ich schon so weit, jetzt wollte ich ins Stadion! Noch ein paar Schlücke Wasser von Allison, dann konnte ich stehen und hab die anderen überredet, weiterzufahren... es waren schließlich nur noch vier Stationen! Das wird ja wohl zu schaffen sein.
Die nächste Bahn, die anhielt, hatte auf vier Eingänge verteilt fast alle Leute der restlichen 3 Autos aufgenommen, also haben wir uns da noch mit reingequetscht. Und es ging auch erstmal ganz gut, klar wieder eng und stickig, doch ich war frohen Mutes. Wie lang können bitte vier Stationen dauern?!? Ich erinnere mich, dass Eblin irgendwann meinte, noch 200m, noch 200m. Mir wurde schon wieder komisch, Brian sagte „Sientate!“ (=Setz sich!) und ich hab ihm noch in Spanisch geantwortet „Dondé?“ (eine, wie ich finde, beachtliche Leistung, in dieser kurz-vor-wegkippen-Phase noch in dieser mir so neuen Sprache zu antworten!). Naja, es half alles nix, ich konnte den rettenden Bahnsteig wieder nicht auf eigenen Füßen betreten, hatte sehr merkwürdige Gedanken/Träume und es kann mir ewig vor, bis ich wieder zu mir kam, nur noch einen Schuh anhatte (ich kann mich an nix erinnern!) und diesmal die Insassen aller vier Autos um mich versammelt sah... Puh, anstrengend. Brian war mein Held des Abends! Irgendjemand hatte noch Wasser, ein anderer einen Bonbon (Zucker!!!), ich wollte ins Stadion, also weiter!
Es waren noch etwa 10 Fußminuten, bis wir endlich an unseren Plätzen waren. Zwischenzeitlich hatte ich mir bei einem Straßenhändler zwei Snickers und eine Cola gekauft (mehr Zucker, lechz) und im Eilverfahren runtergeschluckt (Getränke durften natürlich nicht mit ins Stadion...argh), die Karten- und Abtastkontrolle durchlaufen und war um die Hälfte des (von aussen sehr hässlichen) Azteken-Stadions herumgelaufen, immer zwei Leute an meiner Seite für den Fall der Fälle, aber es ging mir wieder gut, das Ziel vor Augen, Adrenalinspiegel hoch genug, um auch die letzten Meter noch zu schaffen. Das Stadion ist ein hässlicher Betonriese, der aussieht wie eine von diesen Kugelbahnen, die man als Kind hatte. Oben lässt man eine Kugel auf eine Bahn fallen, die Kugel rollt schräg nach unten, fällt am Ende durch ein Loch auf die nächsttiefere Bahn, usw. ... diese Bahnen waren die Wege, über die wir ins Stadion auf die allerobersten Plätze kamen (wahrscheinlich im Hinblick auf Panik und Fluchtwege gar nicht so ungeschickt, in einem 100.000 Leute fassenden Stadion nicht Treppen zu verwenden, sondern einfach schräge Bahnen...). Wir haben sogar alle noch ein gelb-blaues „Americas“-T-Shirt abbekommen, obwohl wir definitiv nicht zu den ersten 50.000 Zuschauern gehört haben können. Allerdings kamen mit und nach uns auch immer noch Leute, ich könnt mir vorstellen, dass viele das Spiel einfach ganz verpasst haben.
Wir kamen gerade rechtzeitig, um das Maskottchen der „Americas“, einen (lebenden, echten!) Adler mit etwas Gelbem im Schnabel, ins Stadion segeln sehen konnten. Es war Halbzeit, die Menge grölte, wir hatten schon 2 Tore verpasset, es stand 1:1. Endlich auf irgendwelchen Plätzen im allerobersten Teil des Stadions angekommen (es waren noch etwa 20 Stufen bis es nicht mehr weiter ging!), hat Julian für alle Pizzen besorgt, endlich essen, dass Spiel (naja, die zweite Halbzeit) konnte beginnen!
Die Atmosphäre im Stadion war cool. Es konnte einem fast ein bisschen schwindelig werden, so weit oben und so viele Leute und ein so riesiges Stadion (aber keine Bange, ich hatte ja jetzt Snickers und Pizza gegessen!). Dank der gratis T-shirts sah man nur gelb. Die Welle ging mehrmals rum und gar nicht lange nach Wiederanpfiff schossen wir („Americas“) das 2:1!!! Grandios! Dummerweise schoß „Arsenal“ im direkt darauf folgenden Angriff wiederum den Ausgleich, keine Minute war vergangen! Hm, blöd. Und noch blöder war, dass die Argentinier eben auch noch das 3:2 schossen und „Americas“ nicht mehr nachlegen konnte. Jetzt müssen sie also nächste Woche beim Rückspiel in Argentinien ordentlich was zeigen. Ich muss gestehen, dass mich die Atmosphäre im Stadion und die Erlebnisse von der Hinfahrt fast mehr beschäftigt haben, als das Spiel selbst. Und außerdem war das Spiel ja auch sehr schnell wieder vorbei (eben nur eine Halbzeit). Aber ich bin froh, dass wir da waren, und vor allem, dass die anderen auf mich gehört haben und ich nicht den Abend in einer langweiligen Kneipe verbringen musste...hihihi.
Wir sind noch sehr lange nach Abpfiff im Stadion geblieben, einerseits um quasi die verpasste Halbzeit nachzuholen, andererseits aber auch, um dem Gedränge an Ausgängen und Metro zu entkommen. Doch selbst nach einer gefühlten Stunde war die Metro-Station noch total übervölkert, so dass wir beschlossen, den langen Rückweg zu den Autos zu Fuß anzutreten. Jetzt zahlte es sich natürlich wieder aus, den Wagen möglichst dicht am Stadion geparkt zu haben, aber wenn man sich in dem Fall bei der Herfahrt dann in eine völlig überfüllte Metro quetschen musste. Eines unserer Autos hatte sich schon sehr früh zu dem Wechsel in die Metro entschieden und zwei von den Mitfahrer schafften es somit schon zu Spielbeginn im Stadion zu sein! Neid... Naja dafür mussten die jetzt aber auch weiter zum Auto zurücklaufen... allerdings kam auch von uns Spätentschlossenen keiner unter einer Stunde Fußmarsch davon. Aber die mehr oder weniger frische Luft tat gut, meine Küchentücher reichten auch bis zum Auto (wo für die Rückfahrt schon die Klopapierrolle auf mich wartete) und wir konnten ohne den geringsten Stau gen Heimat brausen.
Aufregender Abend, in vielerlei Hinsicht. Und die Moral von der Geschicht: Essen und Trinken mitnehmen und mindestens 5 Stunden vorher losfahren für das nächste Spiel im Estadio Azteca!

Gerade auf unseren Plätzen angekommen, man sieht mir die Blässe noch an:

Links von uns tobt die Menge in gelb:

Mit „Americas“-T-Shirt in Pose (obwohl „wir“ verloren haben...schnief):

Und nur 20 Treppen hinter uns: ganz oben mit Blick über die lichterlohe Stadt!

Die „Hooligans“ wurden bis zu letzt festgehalten und dann unter Polizeischutz hinausgeleitet:

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